Sport trifft Kunst mit „Cardistry“.

Der rote Fleck auf einer weißen Leinwand – Kunst, ohne Zweifel. Ein verrosteter Einkaufswagen gefüllt mit allerlei Abfall, angerichtet auf einem Sockel? Kunst, als Mahnmal an die verschwenderische Gesellschaft. Undefnierbare Kritzeleien, wie sie jedes Kleinkind innerhalb von nur fünf Minuten aufs Blatt zaubern könnte? Kunst, Kunst, und nochmal Kunst – die Liste solch fragwürdiger Meisterwerke ließe sich ewig weiterführen. Worauf ich hinauswill? Nun, heutzutage schimpft sich vieles Kunst – nicht immer zu Recht. Cardistry hingegen, auch Flourishing oder Xtreme Card Manipulation genannt, hat diese Bezeichnung meiner Meinung nach eindeutig, ohne den geringsten Anflug von Skepsis, verdient.

Ein Fingerspiel.

Was Cardistry ist? Nun, Cardistry ist die Kunst, Spielkarten oder Kartenstapel auf kunstvolle Weise zu bewegen.  Angefangen von (relativ) einfachen Bewegungen bis hin zu komplizierten Abläufen und verblüffenden Kartenformationen. Flourishes erinnern mich irgendwie an Parkourläufer. Gleich einem Läufer, der sich von Wand zu Wand hangelt, springt die Karte vom Stapel in der einen Hand, vollführt dabei irrwitzige Drehungen in der Luft und landet anschließend wohlbehalten in der anderen Hand. Jeder Finger kennt seine Position, jeder Muskel seinen Bewegungsablauf, jede Hand ihren Auftrag. Wie ein Uhrwerk greifen Karten und Mensch ineinander um ein perfektes Ganzes zu ergeben. Erstaunlich! Und auch ein bisschen magisch.

Ein straffer Trainingsplan.

Cardisty von Maurice Pecheur

Cardisty von Maurice Pecheur

Mit Magie im eigentlichen Sinne hat flourishen allerdings nichts zu tun. Klar, einige Zauberer können flourishen, aber nicht alle Flourisher sind automatisch auch Magier. Und im Gegensatz zur Zauberkunst ist Flourishing noch lange nicht so beliebt. Was unter Umständen auch am Aufwand liegt, der für eine überzeugende Darbietung benötigt wird. Maurice Pecheur, selbst ein begeisterter Flourisher, erklärt in der von Markus Bender produzierten DVD „Cardistry. Flourishing für Anfänger“, die Grundtechniken, um derartige Handgriffe und Abfolgen zu erlernen. Unterschiedliche Kamerawinkel und detaillierte Anweisungen begleiten jeden Schritt und zeigen, worauf es ankommt. Und dann heißt es üben, üben üben.

Lass die Muskeln spielen!

Ganz ehrlich: Ohne tägliche Trainingseinheiten geht gar nichts! Flourishing ist nicht nur Kunst, sondern auch Sport. Es braucht einige Übungsstunden, um die Basics zu beherrschen. Ausgefeiltere Züge sind erst nach monatelangem Training durchführbar. Wer ungeduldig ist, steht beim Flourishen von Anfang an auf verlorenem Posten. Bis Bewegungsabläufe zur Routine werden und jeder Handgriff sitzt, vergeht richtig viel Zeit. Lässt man sich davon jedoch nicht abschrecken, wird man mit Aufsehen erregenden Ergebnissen belohnt. Ich selbst gehöre leider zur ungeduldigen Sorte Mensch. Maurice Pecheurs Routineabfolgen und Erklärungen sind großartig anzusehen, aber ich weiß schon jetzt, dass mir die Ausdauer fehlt, um nur annähernd solche Fingerfertigkeiten zu erreichen. Ich ziehe den Hut vor jedem, der sich dieser Herausforderung stellt.