Von Harry Houdini, dem Entfesselungskünstler schlechthin, habe ich euch ja schon erzählt. Vielleicht erinnert ihr euch noch an einen Charakterzug von Houdini, welcher im letztendlich auch zum Verhängnis werden sollte: sein Stolz. Dieser brachte ihn ganz plötzlich in eine verzwickte, ja sogar peinliche Situation. Harry Houdini war derart von seinen Fähigkeiten überzeugt, dass er behauptete, jeden Trick nach nur drei Vorführungen durchschauen zu können. Er rühmte sich damit, ja forderte seine Kollegen regelrecht heraus, ihn zu testen.

Übermut tut selten gut

Ganze sieben Mal soll der Mann mit dem Beinamen „Professor“ dem gefeierten Zauberkünstler Harry Houdini seinen Zaubertrick erklärt haben – und doch vermochte es selbst der Superstar der Magier-Szene nicht, den Trick zu durchschauen. Die Mechanik, die sich hinter dem Kunststück verbarg, blieb für ihn unerklärbar. David Frederick Winfeld Verner, alias Dai Vernon, hatte geschafft, was noch keinem gelungen war: er hatte Harry Houdini, den Weltstar, die lebende Legende, an der Nase herumgeführt. Ab diesem Zeitpunkt konnte Dai Vernon den „Ehrentitel“ „The man who fooled Harry Houdini“ für sich beanspruchen.

Professor, Lehrmeister, Genie

New York im frühen 20. Jahrhundert. Ein junger Kanadier erschien auf der Bildfläche. Mit raffinierten Kartentricks und einer enormen Geschicklichkeit war sein Name bald in aller Munde. Dai Vernon. Von vielen nur noch „der Professor“ genannt. Schon nach kurzem galt er als einer der besten Kartenzauberer seiner Zeit. Bereits bekannte Kunststücke entwickelte er derart clever weiter, dass selbst Kollegen und Fachleute seine Tricks nicht mehr durchschauen konnten. Sogar Houdini musste vor seinem Können ehrfürchtig den Hut ziehen.

Die Gabe eines Meisters.

Dai Vernon besaß etwas ganz besonderes: Die Gabe, einfach Tricks in wahre Meisterwerke zu verwandeln. Seine Interpretationen bekannter Zauberstücke ließen ihn zu einem der einflussreichsten und wichtigsten Zauberkünstler des 20. Jahrhunderts werden. Einige wenige auserwählte Kandidaten hatten das Glück, von ihm im Magic Castle, der Academy of Magic Arts in Hollywood, ausgebildet zu werden. Allen anderen blieben die Geheimnisse seiner Tricks verwehrt.

Dai Vernon starb am 21. August 1992.